Der Streckenverlauf an der Schafbrücke.
Streckenband Linie Mügeln – Nerchau-Trebsen. Blatt 10.
Unter Zugrundelegung der vom Königl. Zentralbureau für Steuervermessung aufgenommenen Berainungsgrundrisse vervollständigt im Jahre 1910.
(Nachbearbeiteter Ausschnitt.)
Die Vorbildsituation
Als Reiner Scheffler 1956 hier fotografierte, stimmte alles noch bis ins kleinste Detail mit der Zeichnung überein, die 46 Jahre vorher zu Papier gebracht worden war.
Kurz bevor sie das Döllnitztal verließ, nahezu auf halbem Wege zwischen Mahlis und Reckwitz, verlief die Bahnlinie über die einzige Döllnitzbrücke der Strecke.
In einer langgezogenen S-Kurve wechselte sie von der rechten auf die linke Talseite.
(Wir haben nichts verdreht, die Talseiten beziehen sich auf die Fließrichtung des Baches, und die ist hier von West nach Ost!).
Direkt neben der Bahnbrücke befindet sich eine historische Straßenbrücke.
Diese trägt den Namen "Schafbrücke"; und so wie in Dresden der Name "Marienbrücke" von der Straßen- auf die Bahnbrücke übertragen wurde, erging es auch unserem kleinen Bauwerk.
Für die Mahliser Zeitgenossen fuhr auch die Schmalspurbahn "über die Schafbrücke".
Die Straße, die hier die Döllnitz überquert, ist die Ortsverbindungsstraße Wermsdorf – Liptitz, heute Kreisstraße.
Unmittelbar nach Kreuzung des Bachlaufes kreuzten sich auch die beiden Verkehrswege.
Und es war eine extrem spitzwinkelige Kreuzung, die beiden Warnkreuze des Bahnübergangs standen rund 40 Meter voneinander entfernt.
Heute ist die Gegend nicht mehr wiederzuerkennen.
Wenige Meter östlich der Straße verläuft seit 1984 der sechs Meter hoher Damm des neugeschaffenen Döllnitzsees quer durchs Tal.
Und gegenüber steht eine Abwasserkläranlage und hat sich einen Teil der ehemaligen Bahntrasse einverleibt.
Fotogalerie Vorbild - Modell
Die Landschaft an der Schafbrücke hatte einen eigenen landschaftlichen Reiz.
Kein Wunder, dass Reiner Scheffler oft hierher kam und das Motiv aus allen Blickwinkeln ablichtete.
Die hier unter anderem zu sehenden historischen Fotos sind nur eine kleine Auswahl aus seinem Archiv.
Der Anblick aus Richtung Mahlis:
Die Bahnbrücke ist perfekt in die Landschaft integriert und fällt kaum auf.
1971 hatte man hinten am Galoppierberg gerade das kleine Waldstück gerodet.
Und so sieht das Ganze in Farbe und ohne Kahlschlag aus.
Auf einer H0e-Modellbahn sind die Entfernungen 87 mal kürzer - hinten lugt bereits Reckwitz durch die Bäume.
Hundert Meter weiter gewandert und in die Gegenrichtung geblickt, erleben wir das Treffen von Lok 99 534 vor einem GmP nach Wermsdorf mit einem S4000 nach Liptitz.
Wenige Augenblicke später fotografierte auch Reiner Scheffler dieses Motiv.
Wir geben allerdings zu: Sein Fotostandpunkt am Gegenbogen beim Galoppierberg war besser gewählt!
Eine absolut "historische Fotorarität" hätten wir noch zu bieten:
Um 1890 passiert ein gemischter Zug mit einer HVTK-Lokomotive (so hieß damals noch die IK) diese Stelle.
Inwieweit die Landschaft seitdem an Liebreiz gewonnen hat, mag jeder für sich selbst entscheiden.
Doch ehe man uns unterstellt, ins geistlose "Früher-war-alles-besser-Horn" zu tuten…
…zeigen wir schnell dieses Foto:
Hinten am Ufer des Döllnitzsees wieder das Wäldchen am Galoppierberg, die ehemalige Bahnlinie lag dort zirka fünf Meter unter der heutigen Wasseroberfläche.
Letzter stummer Zeuge der "alten Zeiten" war die Straßen-Schafbrücke, sie hatte den Bau ihrer Nachbarin miterlebt, dann deren Demontage und Verschrottung und schließlich den Bau des Döllnitzsee-Damms.
Doch sie kam auch in die Jahre:
Trug sie einst Pferdewagen über den Bach, so wurden im Laufe der Jahrzehnte die Fahrzeuge immer größer und schwerer…
…und so musste sie im Sommer 2015 saniert werden.
Und das recht stilvoll:
Das alte Brückengewölbe blieb erhalten, sogar die historischen Sandsteinelemente wurden wieder eingebaut.
Während der Bauarbeiten kamen die seinerzeit im Straßenplanum verbliebenen Schienen unserer Bahn wieder ans Tageslicht und wurden unsanft an den Straßenrand bugsiert.
Genau 44 Jahre zuvor - im Jahre 1971 - wartete eine Trabant-Kolonne schön brav die Vorbeifahrt eines Zuges ab. Da war die Schienenwelt noch in Ordnung.
Verabschieden wir uns nun mit diesem "ein-himmelblauer-Trabant"-Motiv von der Schafbrücke im Modell und wandern wir weiter in Richtung Reckwitz.
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