Die bescheiden ausgestattete Haltestelle Mahlis im Jahre 1888.
Streckenband Linie Mügeln – Nerchau-Trebsen. Blatt 9.
Unter Zugrundelegung der vom Königl. Zentralbureau für Steuervermessung aufgenommenen Berainungsgrundrisse vervollständigt im Jahre 1909.
(Nachbearbeiteter Ausschnitt.)
Der Urzustand
Die Gleisanlagen der alten Haltestelle Mahlis: Vorn Bahnsteig- dahinter Ladestraßengleis; im Hintergrund das Bahnhofsrestaurant.
(Aufnahme um 1905).
Als 1888 die Bahnlinie Mügeln – Nerchau-Trebsen gebaut wurde, hatte Mahlis nur eine bescheidene Haltestelle mit einem Bahnsteig- und einem Ladegleis erhalten, verbunden durch drei Weichen.
Dennoch wurde ein umfangreicher Güterverkehr abgewickelt, denn Mahlis wurde nicht nur von den zahlreichen im Ort ansässigen Bauern, sondern auch von den Gütern der südlich gelegenen Ortschaften Wadewitz, Wiederoda, Mannewitz und Liptitz als Ladestelle genutzt.
Besonders interessant dürften auch die ersten Betriebswochen vom 27. September bis 31. Oktober 1888 gewesen sein, als Mahlis als Endbahnhof für den provisorischen Zuckerrübenverkehr nach der Döbelner Zuckerfabrik diente.
Man kann ja mal im Geiste die notwendigen Rangierbewegungen durchspielen, die notwendig sind, wenn das einzige vorhandene Ladegleis gleichzeitig als Umsetzgleis für die Lokomotive dienen muss!
Beleg für den regen landwirtschaftlichen Güterverkehr:
Frachtbrief über fünf Zentner Kartoffeln für einen Wadewitzer Bauern, die am 23. April 1907 in Seidau (Strecke Bautzen – Königswartha) aufgegeben und drei Tage später in Oschatz auf die Schmalspurbahn umgeladen wurden.
Am Folgetag (27. April) kamen sie in Mahlis an.
Die Bahnlinie um Mahlis auf einer zeitgenössischen Landkarte.
Umgebung von Bhf Dornreichenbach - Wermsdorf - Mutzschen.
Lissels Spezial-Wanderkarten; nach 1920; Ausschnitt.
Mahlis als "richtiger" Bahnhof
Nach dem ersten Weltkrieg, vermutlich bereits zur Zeit der Deutschen Reichsbahn, wurde die Station Mahlis erweitert.
Die Einfahrtsweiche aus Richtung Mügeln wurde vor den Bahnübergang verschoben und südlich der Ladestraße ein drittes Gleis angelegt.
Die drei Gleise waren über vier Weichen miteinander verbunden.
Wegen des regen landwirtschaftlichen Ladungsverkehrs war dieses dritte Gleis wahrscheinlich als weiteres Ladegleis gedacht.
Der Schlüsselkastenplan, die "bahnamtliche" Skizze des Bahnhofs Mahlis im endgültigen Ausbauzustand.
Von diesem Umbau und vom endgültigen Zustand des Bahnhofes sind keine Dokumente und Zeichnungen überliefert.
Erhalten hat sich dafür eine detaillierte Skizze mit Angaben über den Standort der Signaltafeln und die Schlüsselabhängigkeiten zwischen Weichen und Gleissperren.
Im Jahre 1924 wurde von der Bezugs- und Absatzgenossenschaft Mügeln südwestlich des Bahnhofsgeländes ein Kornhaus mit großzügiger Anschlussgleisanlage errichtet.
Diese verfügte ebenfalls über vier Weichen und erschien praktisch als Teil des Bahnhofs.
(Zum Thema Kornhaus wird es in Bälde eine eigene Seite geben.)
Weil mit dem Kornhaus ein Großteil des Ladungsverkehrs auf den neuen Anschluss überging, wurde vermutlich zu diesem Zeitpunkt das dritte Gleis für Zugkreuzungen umfunktioniert.
Ab der 1960er Jahre kreuzten nachmittags hier sogar zwei GmP.
Als Bahnsteig für den kreuzenden Zug diente dabei die Ladestraße.
Fotogalerie Vorbild - Modell
Abfahrbereit nach Mügeln: Ein GmP ohne Güterwagen im Bahnhof Mahlis, fotografiert im April 1970 von der Ladestraße.
Es herrscht "Gummistiefelwetter"…
…auf der Modellbahn scheint dagegen immer die Sonne, da wirkt die Szene entschieden freundlicher!
In Mahlis muss nachmittags auf den Gegenzug aus Mügeln gewartet werden. Der kommt heute pünktlich und biegt schon am Kirschberg um die Ecke.
Am 31. Mai 1971 beobachtete Rudolf Kerl die Zugkreuzung von der letzten Plattform des auf Gleis 3 eingefahrenen Personenzuges.
Am östlichen Bahnhofskopf - der Bahnübergang: Das Warnkreuz weist ihn als "mehrgleisig" aus, obwohl beide Gleise gleich links in Weiche 1 zusammenlaufen.
(Foto: Helmut Böhme.)
Neben dem Bahnübergang - die Wartehalle, ein "Unikatbau" aus den 1920er Jahren.
Sie gammelte jahrzehntelang vor sich hin, bis sie 1998 anlässlich "800 Jahre Mahlis" vorbildlich restauriert wurde.
Das Modell im charakteristischen "Güterwagen-Braun" entstand aus Evergreen-Deckleistenplatten.
Das Dach wurde mit der bekannten "Papiertaschentuch-Methode" gedeckt.
So sah's der Reisende:
Bahnsteig und Wartehalle - funktionell-schlicht.
Im Hintergrund ein "Wohnhaus für Eisenbahnfreunde", denn…
…von da hat man einen perfekten Panoramablick übers Bahnhofsgelände.
Hinten das Bahnhofsrestaurant von Lindners, die auch die Mahliser Bahnagenten waren.
"Links kommt der Kneipen-Agent geschlurft" schrieb Reiner Scheffler zu seinem Foto von 1971.
Lindner Willy war ein dorfbekanntes Original, wie es sie heute nur noch selten gibt.
Lindners Bahnhofsrestaurant war eines von vier(!) Mahliser Gasthäusern.
Nachdem die Wirtsleute verstorben waren, wurde es zum Dorf-Kindergarten umgebaut.
Das Bahnhofsgelände machte dagegen nach 1972 als Gerümpelplatz Karriere, die Gleise im Bahnübergang wurden notdürftig überteert, und die Wartehalle diente als Anschlagstafel der Gemeinde.
Vorüber die Zeiten, als alljährlich im Herbst reger Zuckerrüben-Ladeverkehr herrschte!
Verabschieden wir uns von Mahlis - mit einer Bahnsteigszene vom 27. August 1967, als der Abschiedspersonenzug Mügeln - Neichen hier Halt machte.
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